Die Gemeinde Rondeshagen im Kreis Herzogtum Lauenburg
Die Familie Heins in Rondeshagen
Wilhelm Heins erzählt aus seinem Leben...

Vater Wilhelm (geb.1901 inTrittau - gest. 1989 ) kam 1929 mit seiner Frau Grete (geb. Krützmann [geb. 1907 - gest. 1878] aus Mühlenrade) ins Dorf. Sie kauften Land aus der Rondeshagener Gutsaufsiedlung von 1927 und bauten unten stehenden Hof.

   
 
Der Hof - Luftbild von 1956
 

Wilhelm Heins war das dritte von vier Kindern des Ehepaars. (Helga 1931, Grete 1933, Wilhelm 1936 und Anne 1941) Wie seine Geschwister wurde er in Rondeshagen geboren (10.04.1936) und wuchs auf der elterlichen Hofstelle (23 Ha Ackerland + 2 Ha Wiesen am Kanal) auf. Bis zum Schulbeginn war seine Hilfe auf dem Hof mehr spielerisch. 1942 begann dann langsam der Ernst des Lebens : Obwohl die Eltern ausgezeichnet Hochdeutsch sprachen, war die häusliche Umgangssprache immer Plattdeutsch gewesen; alle vier Kinder mussten Hochdeutsch (wie fast alle Dorfkinder) mühsam in der Schule lernen.

 
 
Hochzeit der Eltern : Gerda und Wilhelm Heins
Wilhelm Heins junior als Schüler

An folgende Lehrerer erinnert sich Wilhelm Heins: die schon bekannten Arthur Kahns, Arnold Heese, Fräulein Kliche (nach 1945) und Fräulein Jansen (1950). Beide Damen müssen damals zwischen 25 und 30 Jahren und trotz ihres relativen Jugend nicht zimperlich gewesen sein, wenn es darum ging, die Disziplin aufrecht zu erhalten. Fräulein Jansen benutzte das Ende einer Pferdepeitsche statt des traditionellen Rohrstocks, wenn sie strafte (Die Jungen erhielten Stockhiebe auf den Hintern, die Mädchen Schläge mit dem Lineal auf die Finger) Wer bei Fräulein Jansen zu spät zum Unterricht erschien, bekam pro versäumter Minute einen Schlag. Lehrer Heese war ebenfalls ohne Berührungsängste: Wenn Wilhelm Heins über die anstehende Stockstrafe eines Klassenkamerden grinste, wurde er ebenfalls nach vorn geholt. Mit den Worten "Kümm her, Willi, du wörst ook dabi" erhielt er die gleiche Strafe.

Ein Wandertag ist Wilhelm H. noch in Erinnerung : Zu Fuß nach Berkenthin, mit der Eisenbahn nach Ratzeburg und dann per pedes weiter zum Schaalseekanal und dem Restaurant "Farchauer Mühle" - nachmittags den selben Weg zurück.

Die dörflichen Deernsmusik und die Kinderfeste wurden damals in der Regel auch von den Lehrern organisiert und vom ganzen Dorf als besonderes Ereignis gefeiert. Die Mädchen trugen Blumenkränze im Haar, die Jungen hatte Stöcke die am Ende ebenfalls mit Blumen versehen wurden. Man traf sich zum Umzug durchs Dorf am Brink. Häufig ging die Feuerwehkapelle vorne weg und spielte ein angemessenes Repertoire. Die Siegerinnen bei der letztjährigen Veranstaltung ("Königinnen" oder "Prinzessinen") wurde die besondere Ehre zuteil unter einem ca zwei Meter breiten Halbbogen, der mit Jahreszeitblumen geschmückt war, einherschreiten zu dürfen. Dieser wurde von anderen Kindern links und rechts getragen und wie ein Baldachin über sie gehalten.

    
  Kinderfest - Umzug durchs Dorf mit Feuerwehrkapelle - in der Mitte : zwei Blumenbögen  
    
 
Kinderfest (Mädchen mit Kranz / Jungen mit Blumenstock - im Hintergrund der Blumenbogen - rechts außen Wilhelm Heins Schwester Anne)
 

Wilhelm Heins musste mit zunehmendem Alter (ab 8 Jahre) die ca 10 Kühe abends von der Weide holen (Hinterer Kätelsberg - ca 1 km entfernt) Sie wurden dann gemolken und in der warmen Jahreszeit sofort wieder zurückgebracht. Dasselbe galt für morgens. Wer Milchvieh besaß musste seinen Arbeitstag danach richten: Aufstehen um 5.00 Uhr, ab 1954 um 6.00 Uhr, da die neu angeschaffte Melkmaschine die Arbeit erleichterte und verkürzte. Ein Mal pro Jahr kam der Tierarzt Paul Klüver aus Krummesse zu einer Routineuntersuchung der Rinder. Bei einem tierärztlichen Notfall musste er herbei telefoniert werden, was nicht so einfach war: Nur wenige Dorfbewohner hatten Telefon, z.B. der Bürgermeister von Amts wegen und Otto Schünemann in der Gastwirtschaft und Schmiede. Wilhelm H. erinnert, dass dies noch ein uraltes Kurbelmodell war, dass gut und gerne seine 30 Jahre auf dem Buckel hatte.

  Mit der Kurbel erzeugte man den notwendigen Strom zum Telefonieren
 
Das Kurbeltelefon
 

Neben dem obligatorischen Federvieh hatte Familie Heins auch 2-3 Pferde zur landwirtschaftlichen Arbeit. Aufgrund der schweren Böden rund um Rondeshagen hatte man allerdings schon vor dem Krieg einen Ackerschlepper Marke Lanz Bulldog mit Metallrädern (s.u.) zusammen mit der befreundeten Nachbarfamilie Relling angeschafft. Dieser Traktor wurde während des Krieges auch dazu eingesetzt die Felder auf den Nachbarhöfen zu pflügen, deren Besitzer an der Front waren. Auch hatte die Familie Heins einen französischen Zwangsarbeiter (1942-45), der allerdings nur bedingte Hilfe war; Landwirtschaft war nicht sein Ding, er kam aus einem kaufmännischen Beruf. Die überall in Rondeshagen üblichen Zwangseinquartierungen von Flüchtlingsfamilien in der Nachkriegzeit gab es auch auf dem Heinschen Hof. Der Heuboden wurde notdürftig ausgebaut und beherbergte bis Ende der 50er Jahre bis zu 12 Personen. Aus dem Krieg erinnert sich Wilhelm Heins, dass britische Bomber, die nicht zum Abwurf gekommen waren, ihre Bombenlast vor dem Heimflug auf einer Koppel am Groß Weedener Bahnhof (ohne Schaden) abgeworfen haben. Als Hamburg am 27. Juli1943 einem Großangriff von 739 Bombern um Mitternacht ausgesetzt wurde, sah man den Feuerschein und die aufblitzenden Phosphor-Brandbomben bis Rondeshagen.(Damals starben in dem 10 Tage und Nächte andauernden Inferno über 40.000 Menschen). Das ungeheure Feuer ließ schwarze Ruß- und Ascheschwaden bis in große Höhen aufwirbeln, die dann auch auf die Rondeshagener Felder herabregneten: das gesamte Getreide und der Boden war schwarz !!

   
 
Hofstelle der Famile Heins in den 50er Jahren
 

1950 folgte ein neuer Lanz Bulldog mit normalen Treckerreifen. Damit durfte Wilhelm H. unter der Aufsicht seines Vaters als 14-Jähriger bereits pflügen Der Lanz wurde 1953 durch einen weiteren "modernen" Traktor (Marke Fendt mit 12 PS ergänzt).

 
Im Jahr 1953 wurden dann auch die Ackerpferde (ein Kaltblut und 1 Holsteiner) abgeschafft. Die Zeiten des einscharigen Pfluges mit 20-30 cm Breite waren vorüber.
 
Schleswiger Klatblutpferd
 

1951 war die Schulzeit vorbei, die traditionelle Konfirmation in Berkenthin bei Pastor Blunk beendete die Jugendzeit. Willi Heins begann seinen beruflichen Werdegang als Landwirt auf dem väterlichen Hof.

Der Lanz Bulldog (bis zu 10 Liter Hubraum und 35 PS) wurde unkonventionell gestartet. Dazu muß der Glühkopf mit einer speziellen Lanz-Lötlampe vorgeheizt werden, anschließend wurde der Motor mit dem Steuerrad gestartet, das abgenommen und auf das Schwungrad seitlich aufgesetzt wurde. Da der Kolben liegend gelagert war, musste man genau aufpassen, dass der Motor nicht rückwärts lief, was schnell zu Schmierproblemen geführt hätte: also Neustart !! Die Höchstgeschwindigkeit betrug sechs km/h : Kraft nicht Geschwindigkeit war die Devise.
 
     

Aufgestanden wurde um 5.00 Uhr, Stall machen, die Kühe melken (der Milchwagen kam um 6.10 Uhr) - alles auf nüchternen Magen. Kühe zur Weide bringen (ab Mai - wenn keine Fröste mehr zu erwarten waren). Morgenkaffe gab es um 7.00 Uhr, das von der Mutter bereitete Frühstück wurde zwischen 9.00-9.30 Uhr eingenommen. Die Feldarbeit folgte anschließend. Angebaut wurde alles, was Gewinn versprach: Roggen, Weizen, Hafer, Sommergerste, Zwiebeln, Zuckerrüben, Karotten und Kartoffeln. Letztere wurden bis 1964 selbst vermarktet an Lübecker Haushalte, die man mit Trecker und Hänger sackweise belieferte.

Das Getreide wurde damals in Berkenthin mit einer Elektromotor getriebenen Mühle gemahlen bei Bauer Max Rohwer (Bauernhaus gegenüber von Markant - heute bekannt durch den jährlichen Schafmarkt).

1966 zog sich Wilhelm Heins Senior mit seiner Frau im Alter von 65 aufs Altenteil zurück und überließ dem Sohn den Hof. Dieser hat nicht geheiratet. Die Richtige habe er nicht gefunden - oder sie ihn..... Wenn eine weibliche Hand gebraucht wurde, half seine jüngere Schwester Anne (verh. Baustian) aus, obwohl sie ja ihre eigene Familie zu umsorgen hatte.

Wilhelm Heins hat den Hof 1996 aufgegeben und sein Land an Hans Woydak (Rondeshagen) verpachtet. Er wohnt bis heute auf der Hofstelle als fröhlicher "Rentner".

Wilhelm Heins erinnert sich noch an folgende Dinge:

Die Hofstelle von Erich Zedlack (Ende 1920er) links der vorletzte Hof `Am Schäferkaten` Richtung Groß Weeden wurde komplett mit der Hofstelle eines Landwirts namens Alfred Stehn aus.........? getauscht. Danach folgte als Besitzer Landwirt Röhrs.

Nachtrag: Willi Heins verstarb am 27.07.2011 im Alter von 75 Jahren auf seiner Hofstelle. an den Folgen eines Schlaganfalls.